Was ist Präcession, Nutation und Aberration?
Antwort:
Wegen der sphärischen Gestalt der Erde und der dadurch bedingten eigentlichen Wirkung der Anziehung des Mondes auf die Erde wird die Erdaxe beständig von ihrem Parallelismus abgelenkt und verändert sich; diese Bewegung folgt der Erdaequator und dadurch diesen die Lage des Himmelsaequators bestimmt wird wird auch der letztere. Diese Bewegung geschieht nun so, daß die Aequinoctialpunkte rückwärts von Ost nach West gegen die Ordnung der Zeichen jährlich um 50“.2 fortschreiten. Es werden sonach die Weltpole um die Pole der Ekliptic Kreise beschreiben zu deren Vollendung sie etwa 25000 Jahre bedürfen. Dieses verrücken der Tag- und Nachtgleichen heißt die Präcession und bewirkt, daß die Länge der Fixsterne um die angegebene Größe jährlich wächst indes die Breite dieselbe bleibt.
Genauere Beobachtungen haben aber ergeben, daß die Erdaxe nicht so gleichförmig sich herumschwenkt der Weltpol also nicht immer in der Peripherie des Kreises um den Eklipticpol bleibt, sondern sich diesem nähert und auch davon entfernt und daß es zuweilen einige Jahre hindurch etwas vorwärts schreitet.
Beide Unregelmäßigkeiten sind in die enge Periode von 19 Jahren eingeschlossen nach welchem sie sich immer wieder in der alten Ordnung wiederholen. Während also die Erdaxe sich schwenkt, wankt sie einwenig in Folge der Anziehung des Mondes auf die abgeplattete Erde und man nennt desselbe diese letztere Bewegung der Erdaxe das Wanken der Erdaxe oder die Nutation.
Abirrung des Lichts oder Aberration nennt man den Abstand des Orts an welchem wir einen Stern erblicken von denjenigen an welchem er uns erscheinen würde, wenn entweder die Erde stillstände oder das Licht zu seiner Fortpflanzung von einem Punkt zum anderen gar keine Zeit bräuchte.
Beide Ursachen, die Bewegung der Erde um die Sonne und die Fortpflanzung des Lichts bewirken vereint, daß wir um einen Stern im Fernrohre zu sehen, das letztere in eine Lage bringen müssen, welche mit der nach dem wahren Ort als Stern gehenden Richtung einen kleinen Winkel bildet und zwar müssen wir es in derselben Richtung in welcher die Erde sich bewegt vorwärts neigen.
Jener Winkel aber ist desto kleiner, je größer die Geschwindigkeit des Lichts, das einerseits 42000 Meilen zurück legt, im Vergleiche zur Geschwindigkeit der Erde ist, welche sich ungefähr 10000 mal langsamer bewegt und beträgt höchstens 20“ daraus folgt, daß der scheinbare Ort eines Sterns um den wahren einen kleinen Kreis oder vielmehr eine Ellipse beschreibt, deren große Axe 40“ beträgt. Diese scheinbare Bewegung dauert so lange, als die Bewegung der Erde um die Sonne, d.h. gerade ein Jahr nach Ablauf desselben erscheint der Stern genau wieder an demselben Ort als zu Anfang des Jahres.