Paul Grampp | Vereinigung der Kapitäne und Schiffsführer des Fischlandes

Seeunfall der Schooner „Paul Grampp"



  1. dass die am 28. Januar 1878 in der Nordsee vor Yarmouth erfolgte Strandung des Schooners von dessen Kapitän Ludwig Voss aus Dierhagen durch unrichtigen Kurs verschuldet ist,

  2. dass bei dem am 2. April 1878 Mittelländischen Meer unweit Kap Spartivento stattgehabten Zusammenstoss des Schooners mit dem Marseiller Dampfer „Provence“ weder den Kapitän, noch die Mannschaft des ersteren eine Schuld trifft,

  3. dass die vom Kapitän Voss zum Einsegeln in den Hewett­Kanal benutzte Nordsee-Küstenkarte für diesen Zweck untauglich war

  4. dass das Schiffsjournal nicht ordnungsmässig geführt ward.


  1. Der Schooner „Paul Grampp“, Unterscheidungs-Signal MDGB, ist im Jahre 1877 in Rostock aus Eichenholz gut und tüchtig, erbaut und zu 373,4 Kubikmeter = 131,81 britischen Register-Tons Netto·Raumgehalt vermessen. Er wurde geführt von dem 33 Jahre alten Kapitän Ludwig Voss aus Dierhagen. Derselbe hat 28/60 Antheil im Schiff und hatte davon 27/60 versichert, während von den übrigen Rhedern die Mehrzahl nicht versichert war.

  2. Am 25 Januar 1878 veliess der nach Bari in Italien mit einer Ladung Kohlen bestimmte Schooner den Hafen von Shields. Er war übrigens vollständig und gut ausgerüstet; an Seekarten befanden sich jedoch nur
    • eine englische Nordsee-Karte vom Jahre 1862
    • eine desgleichen vom Jahre 1876,
    • eine englische Nordsee-Küstenkarte vom Jahre 1862 und endlich
    • eine englische Karte des Mittelländischen Meeres vom Jahre 1854

    an Bord. Ausserdem führte der Kapitän eine englische Segelanweisung für die Nordsee bei sich.
    Die Mannschaft bestand aus dem geprüften Steuermann Heinrich Voss, zwei Matrosen, dem Koch und einem Jungen.
    Bis zum 27. Januar war das Wetter bei vorherrschend nördlichen Winden gut. Dann wandte sich der Wind durch Ost gehend nach Süd, begann heftig zu wehen und steigerte sich in der Nacht vom 27. - 28. Januar nach der Angabe des Kapitäns und des Steuermanns zum Sturm, während die übrige Mannschaft ihn nur als steife Briese bezeichnen zu können meint, eine Bezeichnung, welche mit den Notirungen zum Journal des St. Nicholas-Feuerschiffes übereinstimmt. Der Schooner segelte damals lavirend Yarmouth gegenüber. Regenschauer wechselten mit Schneeböen und machten das Wetter dick, wenngleich nicht unsichtig. Bei Eintritt der Ebbe, Morgens etwa 4 Uhr, beschloss der Kapitän nach Berathung mit dem Steuermann, weil er befürchtete, er könne auf die hinter linkenden Bänken Leman und Ower getrieben werden, die Rhede von Yarmouth aufzusuchen, dort zu ankern und besseres Wetter abzuwarten. Das Schiff lag um jene Zeit etwa Zeit etwa WSW hin und sah man das Feuer vom St. Nicholas-Feuerschiff 6 Strich an Steuerbord, dasjenige von Lowestoft 1 Strich an Backbord, dasjenige vom Corton-Feuerschiff jedoch überall nicht. Der Kapitän liess die Segel bis auf das Mars-, Gaffel- und Vorstag-Segel wegnehmen und auf NWzW steuern grade auf St. Nicholas-Feuer zu halten. Auf seine Anordnung musste der Steuermann wiederholt das Loth werfen. Wenigstens behaupten dies Beide und findet sich denn auch in das Schiffsjournal, zwischen 6 und 7 Uhr Morgens, eingetragen, „sondirten 9 Faden“. Von der Mannschaft will dagegen Niemand vom Lothen etwas gesehen haben. Als man sich dem Feuer näherte stiess das Schiff 8 bis 10 mal heftig durch, behielt jedoch noch Steuer und ging, sodann etwa 2 Kabellängen westlich vom St. Nicholas-Feuerschiff zu Anker.

    Es war über das südliche Ende der Scroby-Sandbank hinweg gelaufen. Die Peilung der Pumpen ergab 18 Zoll Wasser im Raum. Da es nicht gelingen wollte, das Schiff lens zu bekommen, wie Kapitän und Steuermann übereinstimmend, jedoch in Widerspruch mit der Mannschaft versichern, welche ihrerseits meint, die Pumpen hätten lens geschlagen, wurden Nothsignale gegeben, worauf ein Bergedampfer herbeikam, den Schooner lens pumpte und ihn nach Yarmouth bugsirte. Dort wurde derselbe besichtigt, entlöscht, in’s Trockendock geschleppt und reparirt. Die Beschädigungen erwiesen sich hierbei als unerheblich; es war lediglich ein Stück vom Kiel agbesprungen und eine Kielplanke ausgewichen. Die Haveriekosten in Yarmouth beliefen sich einschließlich 215£, welche gerichtlich dem Bergedampfer zugesprochen wurde, im Ganzen auf 345£.

    Wie dem Seeamt vorliegende deutsche Admiralitätskarten vom Jahre 1877 erkennen lassen, liegen vor der Rhede von Yarmouth, parallel mit der Küste verlaufend und etwa 2 Seemeilen von derselben entfernt, zwei Bänke, die Scroby-Bank und die Corton-Bank, welche den Zugang zur Rhede sehr erschweren. Von ihnen lagert die erstere nach Norden zu, die letztere mehr südlich von dem Hafen. Zwischen beiden Bänken zieht sich in nordsüdlicher Richtung der etwa eine Seemeile breite Hewett-Kanal hin, welcher die Einfahrt zur Rhede bildet. Der eingang dieses Fahrwassers wird durch das östlich der Corton-Bank liegende Corton-Feuerschiff mit rothem, auf 10 Seemeilen sichtbaren Drehfeuer, der Ausgang zur Rhede von Yarmouth durch das an der südwestlichen Seite der Scroby-Bank liegende St. Nicholas-Feuerschiff bezeichnet. Ein weiter in Betracht kommendes Feuer, dasjenige von Lowestoft, liegt an der Küste, etwa 8 Seemeilen südlich von Yarmouth.

    Am 18. Februar setzte der „Paul Grampp“, nachdem die Reparatur beschafft und die Ladung wieder eingenommen war, seine Reise nach Bari fort. Am 2. April befand er sich Morgens etwa 15 Seemeilen südlich von dem an der Südspitze Italiens belegenen Kap Spartivento im Mittelländischen Meer. Der Wind war SWzW bis WSW, das Wetter gut, die Luft klar. Der Schooner steuerte NO½O und machte 7 Seemeilen die Stunde. Morgens nach 8 Uhr bemerkte man in nordwestlicher Richtung ein Dampfschiff, welches, unter Dampf und Segeln gehend, auf Ost- bis OzS-Kurs sich dem „Paul Grampp“ schnell auf Backbord-Seite näherte. Es war dies, wie sich später herausstellte, der nach dem Piraeus bestimmte, den „Messageries maritimes“ zu Marseille gehörige und dort heimathberechtigte Dampfer „Provence“. Der Matrose Wendt, welcher am Ruder des Schooners stand, schlug dem Kapitän Voss vor, einen etwas östlicheren Kurs zu nehmen, um einer möglichen Kollision vorzubeugen, was dieser jedoch ablehnte. Als gegen 11 Uhr Vormittags der Dampfer, welcher weder seinen Kurs änderte, noch seine Fahrgeschwindigkeit abminderte, auf etwa 2 Schiffslängen herangekommen war, so dass eine Kollision fast unvermeidlich schien, übernahm Kapitän Voss selbst das Ruder, und versichert er, dasselbe Backbord gelegt zu haben, worauf denn auch der Schooner etwa 2 Strich nach Osten abgefallen sei. Von der Mannschaft will indess Niemand etwas hiervon wahrgenommen haben. Gleichzeitig befahl er dem Matrosen Wendt, die Piek des Grosssegels fallen zu lassen. Diesen Befehl soll er nach der übereinstimmenden, beeidigten Aussage der gesammten Mannschaft mit alleiniger Ausnahme des gerade nicht an Deck befindlichen Steuermanns alsbald mit dem Bemerken, er werde auch so Alles klar gehen, zurückgenommen haben, was er selbst jedoch auf das Bestimmteste bestreitet. Gleich darauf erfolgte der Zusammenstoss, bei welchem dem „Paul Grampp“ Klüverbaum, Bugspriet und 6 Stützen an Backbord-Seite fortgerissen wurden.

    Der Dampfer, bei dem man vor Kollision weder einen Ausguck noch jemanden auf der Kommandobrücke gesehen hatte, fuhr noch eine Seemeile weiter und hielt erst an, als man auf dem Schooner Nothsignal heisste. Sein erster Offizier begab sich an Bord des „Paul Grampp“ und versuchte, dort ein Schlepptau zu befestigen zu lassen. Als dies nicht gelingen wollte, dampfte die „Provence“ weiter, trotzdem Kapitän Voss erklärt hatte, der Schooner sei Seeuntüchtig. Da das Wetter gut blieb, erreichte der letztere in 6 Tagen glücklich seinen Bestimmungshafen Bari. Dort musste er repariren, und beliefen sich die Haveriekosten auf 6500 M.

  3. Kapitän Voss hat in der Hauptverhandlung vom 28. Dezember 1878 erklärt:
    • bezüglich der Strandung.
      Als er sich entschlossen, die Rhede von Yarmouth anzulaufen, habe er geglaubt, südlich genug zu stehen, um mit NWzW-Kurs über die Südspitze der Scroby-Bank hinweg zu kommen, zumal noch hoher Wasserstand gewesen und der Schooner nur 10 Fuss 8 Zoll tif gegangen sei. Das Corton-Feuerschiff habe er freilich nicht sehen können, was er auf die dicke Luft geschoben habe. Er müsse zugeben, dass er sich im Kurse geirrt habe, ein Irrthum, welchen er der Ungenauigkeit der von ihm benutzten englischen Nordsee-Küstenkarte von 1862 beimessen müsse. Kreuzpeilungen nach den Feuern von Lowestoft und St. Nicholas habe er nicht gemacht, auch die an Bord befindliche Segelanweisung nicht zu Rathe gezogen, letzteres nicht, weil seine ganze Thätigkeit an Deck in Anspruch genommen worden. Immer jedoch sei an dem Auflaufen des Schooners der falsche Kurs nicht allein Schuld, sondern es habe wesentlich dazu auch die starke nördliche Strömung beigetragen

    • bezüglich der Kollision.

    Er habe nach Vorschrift der Kaiserlichen Verordnung zur Verhütung des Zusammenstosses der Schiffe auf See vom 23. Dezember 1881 den Kurs nicht ändern dürfen, und würde ihn, wenn er dies dennoch gethan hätte, bevor der Dampfer ihm ganz nahe gewesen, stets die alleinige Schuld an der Kollision getroffen haben. Erst als die letztere schon unvermeidlich gewesen, habe er den Schooner nach Steuerbord abfallen lassen, und damit glaube er durchaus korrekt im Sinne des Artikels 19 genannter Verordnung gehandelt zu haben. Als er dem Matrosen Wendt den Befehl ertheilt habe, die Piek des Grosssegels zu fieren, habe überall von einem Klarwerden gar nicht mehr die Rede sein können, und so würde denn kein Sinn darin gewesen sein, wenn er den eben ertheilten Befehl in der ausgesprochenen Hoffnung, dass es noch so klar gehen werde wieder zurückgenommen hätte.

  4. In der vom Kapitän Voss am Morgen des 28. Januar vor Yarmouth benutzten englischen Nordsee-Küstenkarte sind zwar die Scroby- und die Corton-Bank im Wesentlichen richtig verzeichnet, auch enthält sie die Feuer von Lowestoft, sowie das Corton- und St. Nicholas-Feuerschiff, allein sie ist einmal von zu kleinem Massstab, als dass sie beim Einsegeln in den Hafen mit schwierigem Zugang einen sicheren Anhalt zu bieten im Stande wäre, und dann stimmt auch die verzeichnete Lage der Feuerschiffe nicht mit der Wirklichkeit überein, da dieselbe im Jahre 1874 theilweise verändert ist. So liegt denn jetzt in der That das Corton-Feuerschiff etwa 2 Seemeilen nördlicher verankert, als wie es in der vom Kapitän benutzten Karte verzeichnet steht.

  5. Wie sich bei der Untersuchung herausgestellt hat, sind in das auf dem „Paul Grampp“ geführten Schiffsjournals die gehaltenen Kurse und zurückgelegten Distanzen, die ermittelte Breite und Länge und der Wasserstand bei den Pumpen nicht eingetragen.

  6. Ueber den Kollisionsfall haben Offiziere und die Mannschaft des Dampfers „Provence“ nicht vernommen werden können, da die Erledigung einer hierauf gerichteten Requisition des Seeamts von demTribunal de Commerce in Marseille aus dem Grunde abgelehnt worden ist, weil die „Massageries maritimes“ ihrem Personal die Erlaubnis verweigert haben, sich zur Sache vernehmen zu lassen.

  7. Anlangend nun die Beurtheilung der in Rede stehenden Seeunfälle, so kann es
  1. bezüglich der Strandung nicht gemissbilligt werden, dass Kapitän Voss die Rhede von Yarmouth aufsuchte, da bei dem starken konträren Winde mit dem Eintritt der Ebbe allerdings zu befürchten war, dass der Schooner in das Treiben und so auf die hinterliegenden Bänke gerathen werde. Darauf, dass es nicht, wie er vermeint, eigentlicher Sturm sondern in Wirklichkeit nur starke Briese gewesen, kommt es nicht an. Er konnte auch bei letzterer durch Strömung in’s Treiben kommen und er hat Recht daran, wenn er Zwecks Abwendung dieser Gefahr zur Rhede ging. Auch darauf legt das Seeamt kein sonderliches Gewicht, wie oft gelothet wurde, nachdem der Kurs NWzW auf das St. Nicholas-Feuerschiff zu genommen war. Dass überall damals gelothet wurde, will es trotz der entgegenstehenden Angaben der Mannschaft, nicht bezweifeln, indem es annimmt, dass die letztere dies in der Dunkelheit übersehen hat. Ein öfteres Lothen aber war im Angesicht zweier Feuer, nach denen man Peilungen machen konnte, an sich nicht unbedingt geboten und im vorliegenden Falle auch nahezu zwecklos, da die Scroby-Bank schroff abfällt und das Wasser bis in die unmittelbare Nähe derselben von fast gleicher Tiefe bleibt.

    Nicht zur entschuldigen ist aber, dass Kapitän Voss, als er den Kurs veränderte, um an die Rhede von Yarmouth zu gelangen, denselben NWzW gerade auf das St. Nicholas-Feuerschiff zu nahm, denn dieser Kurs musste von dem Punkte aus, wo der Schooner damals stand, denselben unbedingt auf das südliche Ende der Scroby-Bank führen und in ihm ist die eigentliche Ursache der Strandung zu finden. Die Strömung kann als solche kaum in Betracht kommen, da bei dem eingeschlagenen Kurse der Schooner auch wenn sie nicht vorhanden gewesen, doch auf die Bank gerathen wäre. Der Kurs musste eben nicht NWzW genommen, sondern SWzW so lange festgehalten werden, bis das St. Nicholas-Feuerschiff NzW gepeilt wurde.

    Dann war der Hewett-Kanal erreicht und die Einfahrt gesichert. Kapitän Voss hat denn auch den falschen Kurs eingeräumt und denselben mit der Ungenauigkeit der Karte zu entschuldigen gesucht. Allein diese Entschuldigung kann als eine triftige keineswegs angesehen werden. Denn einmal konnte er aus seiner Karte zur Genüge erkennen, dass er bei dem Kurse NWzW immer über die Scroby-Bank laufen musste, auch wenn er nicht darüber im Klaren war, wo der Schooner damals stand und zweitens war ein Zweifel in letzter Hinsicht sehr leicht durch eine Kreuzpeilung mittelst der beiden sichtbaren von Lowestoft und S. Nicholas zu beseitigen und dann musste er den eingeschlagenen Kurs erst recht und ohne weiteres als einen durchaus fehlsamen erkennen. Aber Kapitän Voss hat keine Kreuzpeilung gemacht, so dringend sie auch gerade in Anbetracht der Ungenauigkeit seiner Karte geboten war, und so ist nicht nur der falsche Kurs, sondern auch die demnächst erfolgte Strandung lediglich seinem Verschulden anzuschreiben.

    Der von ihm erhobene Einwand, er habe nicht weiter südlich kommen können, ist nicht beachtlich, da der Schooner als der Kurs nach NWzW geändert war, und sehr wahrscheinlich bei längerem Einhalten des Kurses SWzW um die Südspitze derselben hinweg gekommen wäre. Daraus, dass er die an Bord befindliche Segelanweisung nicht zur Hand nahm, soll ihm ein Vorwurf nicht gemacht werden, da seine Anwesenheit an Deck durch die kritische Lage, in welcher sich das Schiff befand, in der That bedingt war. Hat nach Vorstehendem Verhalten des Kapitäns Voss vor der Strandung zu gerechtem Tadel Anlass gegeben und nicht denjenigen Grad an Sorgfalt und Umsicht bekundet, welcher von dem Führer eines Schiffes durchaus verlangt werden muss, so soll doch anderseits anerkannt werden, dass dasselbe nach der Strandung ein in jener Weise angemessenes und vorwurfsfreies gewesen ist.

    Insbesondere war es vollkommen gerechtfertigt, dass er mit dem lecken Schiffe die Reise nicht fortsetzte, sondern Nothsignal heisste und sich mit Dampferassistenz nach Yarmouth bugsiren liess, minder nicht, dass er dort den Schonner entlöschte und einer gründlichen Reparatur unterzog, zumal letztere von der britischen Sachverständigen-Kommission ausdrücklich angeordnet worden ist.


  2. Kein Vorwurf trifft dagegen den Kapitän
  3. bezüglich der Kollision
    Er handelte dem geltenden Strassenrecht zur See, mit welchem Artikel 15 der Kaiserlichen Verordnung vom 23. Dezember 1871 verbis
    „Wenn ein Dampfschiff und ein Segelschiff in solchen Richtungen fahren, dass für sie Gefahr des Zusammenstossens entsteht, so muss das Dampfschiff dem Segelschiff aus dem Wege gehen.“
    In Einklang steht, vollkommen gemäss, wenn er seinen Kurs bis zuletzt festhielt und erst dann versuchte, den Schooner nach Osten abfallen zu lassen, als der Dampfer bereits auf Backbord-Seite desselben angelangt war. Auch Artikel 19 der genannten Verordnung verpflichtet ihn zu nichts Weiterem, und würde eine frühere Aenderung des Kurses ihm lediglich die volle Verantwortlichkeit für eine demnächstige Kollision zugezogen haben. Denn der Dampfer konnte seinerseits, bis er an die Backbord-Seite des Schooners angelangt war, jeden Augenblick sein Ruder Backbord legen, um hinter dem „Paul Grampp“ vorüber zu kommen, und dann musste die Kollision voraussichtlich ein sofortiges Sinken des Schooners zur Folge haben.

    Der Zeitraum aber zwischen dem Moment, wo der Dampfer an Backbord-Seite des Schooners erschien, also nicht mehr hinten um denselben weggehen konnte, und dem Moment, wo sich die Kurse beider Schiffe kreuzten und die Kollision erfolgte, war bei der ungeminderten Fahrgeschwindigkeit des Dampfers nothwendig ein so kurzer, dass jedes Manöver des Schooners zu dem Zweck einer Abwendung oder Abschwächung der Kollision von vorn herein aussichtslos erscheinen musste. Aus diesem Grunde legt denn auch das Seeamt keinerlei Gewicht darauf, ob der Kapitän Voss das Ruder wirklich Backbord gelegt hat und die in Folge dessen der Schooner nach Osten abgefallen ist oder nicht, und ebenso wenig darauf, dass, wie nach dem beschworenen Zeugnis der Mannschaft als bewiesen anzunehmen ist, Kapitän Voss den anfänglich ertheilten Befehl zu Fieren der Piek des Grosssegels wieder zurücknahm. Er that dies vielleicht, weil die Gaffeltopsegel-Schote festgestanden und bei der durch das Lösen derselben entstehenden Verzögerung das Manöver doch nutzlos gewesen wäre, und es ist durch die grosse Erregung des Augenblicks sehr wohl erklärlich, dass ihm die Ertheilung des Gegenbefehls demnächst aus der Erinnerung entschwunden ist.

  4. Wenn nun
  5. die Journalführung
    Auf dem „Paul Grampp“ sich als eine ordnungswidrige insofern erwiesen hat, als die Kurse, die zurückgelegten Distanzen, die ermittelte Breite und Länge, sowie der Wasserstand an den Pumpen in das Journal nicht eingetragen worden sind, obwohl dies in Artikel 487 des deutschen Handelsgesetzbuches ausdrücklich vorgeschrieben ist, so kann das Seeamt nicht umhin, auf diese Ordnungswidrigkeit rügend hinzuweisen, welche ebenso eohl dem Kapitän als dem Steuermann zur Last gelegt werden muss, wie denn endlich auch

  6. die Benutzung einer ungenügenden Nordsee-Küstenkarte zum Einsegeln in die Rhede von Yarmouth, auf welche vorstehend unter 4 hingewiesen ist, dem Kapitän zum Vorwurf gereicht.





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